Ready. Set. Novel! A Novelling Journal

Chris Baty, Lindsey Grant und Tavia Steward-Streit
Chronicle Books, 2011
ISBN 978-1452101729
160 Seiten
ca. 12,- Euro (Taschenbuchausgabe)
ca. 40,- Euro (Tageskalender)
Sprache: Englisch

1999 erschuf Chris Baty den National Novel Writing Month. Nahmen im ersten Jahr gerademal 21 Leute teil, erreicht der NaNoWriMo heute hunderttausende Schreiber auf der ganzen Welt. Die Aufgabe, dabei in einem Monat einen ganzen Roman zu schreiben, erscheint erst einmal unmöglich. Wie man es trotzdem schafft, beschreibt Baty zusammen mit Lindsey Grant und Tavia Stewart-Streit in seinem Ratgeber „Ready. Set. Novel.“ (Chronicle Books LLC, 2011).

Ein Arbeitsbuch für Autoren

»Plan und Plot your upcoming masterpiece« ist der reißerische Untertitel dieses als Arbeitsbuch betitelten Werks und tatsächlich, statt langen Erläuterungen findet man hier vor allem Aufgaben, die einen bei der Vorbereitung für den November helfen. Zu jeder Aufgabe gibt es vorher eine kurze Erläuterung und immer wieder Motivation. Die Autoren sind überzeugt, dass der Leser ein Meisterwerk erschaffen wird. Dabei tasten sich die Aufgaben ganz langsam an das spätere Buch heran.

Aufbau

Das Buch ist ähnlich dem NaNoWriMo in Wochen aufgeteilt, die thematischen Einheiten zugeordnet sind.

Woche 1: Brainstorming

Woche 1 dreht sich ums Brainstorming und beginnt mit der erstaunlich fordernden Aufgabe, die nächste Seite mit Zeugs zu füllen. Hier geht es nicht um den Plot oder um Figuren, sondern um eine Fingerübung, einmal alles aufzumalen und aufzuschreiben, was einem einfällt. Genau die richtige Übung, um später im NaNoWriMo den inneren Kritiker auszuschalten und einfach nur zu schreiben. Es folgen mehrere Brainstorming Übungen, die aufeinander aufbauen. So erstellt man erst eine Liste aller Dinge, die einen interessieren und wählt dann neun davon aus, über die man gerne schreiben würde. Dann werden je drei zusammen ausgelost und schon haben wir drei potenzielle Romanideen. Aber auch technische Details kommen nicht zu kurz und man überlegt, welch Genre und Stil einem liegt. Dazu Tipps, von wo man sich überall Inspiration holen kann (z.B. Polizeimeldungen, Whisper, Photoserien).

Woche 2: Figuren

Nun, da das Hirn warmgelaufen ist, geht es ans Eingemachte. In der zweiten Woche sollen die Figuren entstehen und hier geben die Autoren drei grundlegende Tipps:

  1. Seid nicht schüchtern und erschafft so viele Figuren wie nötig!
  2. Geht so richtig ins Detail!
  3. Findet die Motivation! Und zwar nicht eure, sondern die der Figuren.

Auch hier beginnt die Woche mit einer Warmmachübung und man soll erst mal über geliebte fiktionale Figuren und echte Idole schreiben (denkt dran: im Detail). Dann folgen Steckbriefe, die relativ kompakt die wichtigsten biografischen Details und vor allem Eckpunkte der Persönlichkeit abfragen. Auch für ein Bild ist Platz. Maximal zehn Figuren kann man auf diese Weise im Buch planen.

Und schon geht es ins Detail. Die Hauptfiguren werden nun auf Stärken und Schwächen geprüft, gute und schlechte Angewohnheiten, versteckte Talente und Dinge, die sie auf die Palme bringen. Wie bewegt sich die Figur, was trägt sie, wie redet sie. Schließlich sogar die wichtigsten Stationen ihres Lebens von der Geburt bis zum Romanbeginn. Und weil man ja Tipp 2 auch wirklich ernst nehmen soll, darf man über zwei dieser Stationen gleich eine winzige Kurzgeschichte verfassen. Wie man sich denken kann, sind die Seiten hier dann allerdings nur noch auf eine Figur ausgelegt.

Nachdem man auch die Familiendynamik und den Charakter der Figur in ersten Dialogen ausgetestet hat, kommt man zu dem, was schließlich auch in den Plot überleitet: Die Motivation. Dabei wird zuerst zwischen den Dingen, die die Figur will,und denen, die sie braucht, unterschieden, um daraus abschließend die eine Sache aufzuschreiben, die er oder sie mehr als alles andere erreichen/erleben möchte.

Woche 3: Der Plot

Mit der Information über die ultimative Motivation wendet sich das Buch in Woche 3 dem Plot zu und hier wird es spannend. Denn statt uns gleich in unser Meisterwerk zu stürzen, wird der Leser erst einmal zum Reflektieren angehalten. Es geht um die realen Konflikte und was uns eigentlich im Weg steht, um unsere Ziele zu erreichen. Von dort aus wendet man sich dem eigentlichen Plot zu, frei nach folgenden fünf Stufen.

  1. Etabliere das Setting/den Hintergrund!
  2. Erbaue den Berg, sprich: wirf Hindernisse auf!
  3. Entzünde die Zündschnur, um die Hauptfigur auf ihr Abenteuer zu schicken!
  4. Plotte die Konflikte und die Reihenfolge, in der sie auftreten!
  5. Triff deine Figur am anderen Ende des Buches! Wahrscheinlich hat er/sie sich ganz schön verändert.

Los geht es also mit den Hindernissen und Konflikten, die die Geschichte schön spannend machen sollen. Dabei wird auch einmal in die Perspektive des Bösewichts geschaut. Szenarien werden entworfen und ähnlich wie bei den Figuren in kurzen Minigeschichten detailliert erkundet. Schließlich beginnt man die Konflikte in eine Reihenfolge zu bringen und auf der Plotkurve zu platzieren.

Ausgehend von dieser Plotkurve mit den wichtigsten Ereignissen sollen nun die Lücken gefüllt werden und so langsam nimmt der Roman tatsächlich Gestalt an. Nebenplots entstehen, Charakterentwicklungen werden eingewoben und so kommen wir schließlich zum Kern der Geschichte: Der Botschaft, oder wie Baty schreibt „If your plot is what happens in your novel, the core is what it all means.“ (frei: Wenn der Plot das ist, was in dem Buch passiert, so ist der Kern, was all das bedeutet). Aus dieser Botschaft entsteht dann schließlich der Pitch.

Woche 4: Entdecke dein Setting

Die vierte Woche hat ein wenig etwas von einem Sammelsurium. Schriftlich wird der Handlungsort aus mehreren Perspektiven erkundet. Es werden Karten gemalt und typische Tagesabläufe erstellt und auch hier muss der lesende Autor sich Gedanken darüber machen, wie die Figuren das Setting am Ende wahrnehmen.

Woche 4.5: Auf zur weißen Seite

In den letzten Tagen geht’s ans Eingemachte. Ein Arbeitstitel muss her und ein sogenannter Action Plan, inklusive Belohnungen für erreichte Stationen wird entworfen. Mit mehreren kleinen Übungen soll das Eis gebrochen werden: Starte am Ende, starte am Zündungspunkt, starte ganz weit weit am Anfang, mit dem Kern oder auch mit einem Konflikt. So lässt sich ausprobieren, wie man sofort in das Buch reinkommt und von Seite 1 an Spannung aufbaut. Die restlichen vierzig Seiten des Buches bestehen schließlich aus Motivationssprüchen, ein paar Bildern berühmter Autoren und vor allem dreißig Writing Prompts.

Vor- und Nachteile

Das Buch ist eine äußerst intensive Vorbereitung. Nicht alle Aufgaben machen Lust, doch kann man sicher so manche auslassen. Insgesamt lernt man hier aber wirklich seinen Roman kennen und kommt mit einem Bauplan am Ende heraus. Im Gegensatz zu vielen anderen Ratgebern, die viel übers Schreiben erzählen, erfüllen die Übungen einen ganz anderen Zweck: Man nimmt nicht nur auf, sondern man probiert es direkt aus und verinnerlicht die Lektionen.

Die Wochenaufteilung ist nicht immer gelungen. Während sich Woche eins innerhalb von vielleicht zwei Stunden erledigen lässt, muss man in Woche zwei und drei ganz schön ackern. Aber gerade diese Schreibübungen helfen sich richtig über Figuren und Plot klar zu werden, auf eine Weise, die Stichpunkte nicht erreichen. Gerade bei den Figuren mangelt es schlussendlich auch an Platz, aber glücklicherweise kann man Sachen auch kopieren.

Fazit

»Ready. Set. Novel!>laquo; motiviert und fordert. Am Ende entsteht ein sehr dichtes Netz, das alle Aspekte des Romans tiefgehend beleuchtet. Für so manchen Bauchschreiber wird das zu viel sein, für einen Plotter genau richtig. Man sollte sich aber darüber klar sein, dass man für dieses Buch viel Zeit braucht. Dafür kann man miterleben, wie aus einem scheinbar willkürlichen Brainstorming ein kleines Meisterwerk entsteht. Nur noch schreiben muss man das dann auch.

Die Rezension wurde verfasst von Janna Ruth.